Was ist redlich verdientes Geld?
Menschen tragen durch ihre Arbeit dazu bei, dass die nachgefragten Waren erzeugt und verteilt sowie die nachgefragten Dienstleistungen erbracht werden und erhalten dafür über das Universaltauschmittel Geld ihren - im Idealfall gerechten - Anteil an den erzeugten Waren und erbrachten Dienstleistungen.
Geld ist nach unserer Auffassung dann redlich verdient, wenn es in einem angemessenen Verhältnis zum Vorteil des Kunden und zum Vorteil der Menschheit insgesamt steht. Diese Formulierung bedarf möglicherweise ein wenig der Erläuterung durch Beispiele:
- Ein Bauer erzeugt Lebensmittel, die er zu einem angemessenen Preis einem Kunden verkauft. Das dient zum Vorteil des Kunden, aber auch zum Vorteil der Menschheit insgesamt. Es handelt sich um redlich verdientes Geld.
- Ein Gebrauchtwagenhändler verkauft einem Kunden mit einem erheblichen Mangel, den der Händler kennt, der Kunde jedoch nicht. Dann handelt es sich nicht um redlich verdientes Geld, weil es nicht im angemessenen Verhältnis zum Vorteil des Kunden steht.
- Ein Verkäufer von Finanzanlagen oder Versicherungen ("Bankberater", "Vermögensverwalter", "Versicherungsmakler") empfiehlt einem Kunden eine Anlage oder eine Versicherung, die primär nach der erzielten Provision und nicht primär nach bestem Wissen und Gewissen zum Vorteil des Kunden ausgewählt wurde. Dann handelt es sich nicht um redlich verdientes Geld.
- Eine Sexarbeiterin erbringt die vorab mit dem Kunden besprochenen Dienstleistungen. Es handelt sich um redlich verdientes Geld.
- Ein Politiker bezieht Diäten, obwohl er nicht nach bestem Wissen und Gewissen die Interessen des ganzen Volkes vertritt, sondern die Interesse bestimmter Gruppen (die z.B. für seinen Wahlkampf spenden). Dann handelt es sich nicht um redlich verdientes Geld.
- Ein Anwalt entwickelt ein Vertragswerk, mit sein Klient seine Geschäftspartner übervorteilen kann. Dann handelt es sich nicht um redlich verdientes Geld, da zwar zum Vorteil des Kunden, nicht aber zum Vorteil der Menschheit insgesamt gehandelt wurde.
- Ein Journalist biegt die Wahrheit so zurecht, dass sie bei der Leserschaft besser ankommt. Es handelt sich dann um nicht redlich verdientes Geld.
Nicht redlich verdientes Geld ist nach unserem Verständnis auch unverdientes Geld.
Welchen Unterschied macht es, ob Geld redlich verdient worden ist oder nicht?
Bei redlich verdientem Geld hat man dann auch einen legitimen Anspruch auf Waren und Dienstleistungen im entsprechenden Gegenwert.
Waren und Dienstleistungen, die man mit nicht redlich verdientem Geld bezieht, sind quasi der Gemeinschaft gestohlen, auch wenn die Vorgänge im strafrechtlichem Sinn legal gewesen sein mögen.
Was ist mit Sozialleistungen?
Sozialleistungen wie Rente oder Arbeitslosengeld sind Versicherungsleistungen und damit so redlich verdient wie das Geld, mit dem die Sozialversicherungsbeiträge bezahlt wurden.
Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe stehem redlich verdientem Geld gleich. Werden sie an Menschen ausgezahlt, die - zum Beispiel wegen Krankheit oder Behinderung - nicht erwerbsfähig sind, so sind sie als Nachteilsausgleich zu betrachten. Bei grundsätzlich erwerbsfähigen Menschen kann erwartet werden, dass sie sich im Rahmen ihrer Kräfte und der gesetzlichen Beschränkungen bemühen, der Gemeinschaft, die sie versorgt, etwas zurückzugeben, zum Beispiel durch gemeinnütziges Engagement.
Auch Leistungen wie Stipendien oder Bafög (sofern nicht ohnehin als Kredit gewährt) stehem redlich verdientem Geld gleich, wenn sich der Betreffende nach Kräften bemüht, die vorgesehene Ausbildung abzuschließen.
Was ist mit geerbtem Vermögen?
Diese Frage ist im Einzelfall manchmal schwer zu beantworten.
Grundsätzlich gilt: Alles an Hausrat, persönlichen Erinnerungsstücken, die selbst bewohnte Immobilie kann als Familienbesitz betrachtet werden und problemlos von Generation zu Generation weitergegeben werden.
Größere Geldbeträge und gleichwertige Vermögen (wie z.B. Aktien) sind kritisch: Der Erbe kann mit dem geerbten Vermögen Waren und Dienstleistungen in Anspruch nehmen, ohne seinerseit der Gemeinschaft adäquat etwas geleistet zu haben. Dass der Erbe als Kind einer vermögenden und nicht einer unvermögenden Person geboren wurde, ist keine Leistung, schon gar keine Leistung, die er der Gemeinschaft erbracht hatte. Dieses Vermögen kann zunächst nicht als redlich erworbenes Geld betrachtet werden.
Ein solches Erbe kann jedoch im Sinne der Gemeinschaft genutzt werden. Die Erfahrung lehrt, dass familiengeführte Unternehmen, die nicht unter dem Druck der Börse und der Quartalsberichte geführt werden, häufig sozialer und nachhaltiger agieren als nicht familiengeführte Unternehmen. Tritt der Erbe die Betriebsnachfolge in einem solchen Unternehmen an, führt es im Sinne der Gemeinschaft, der Belegschaft und der Kunden nach bestem Wissen und Gewissen quasi treuhänderisch, so wäre ein angemessenes Geschäftsführergehalt, das er sich dabei auszahlt, wieder als redlich verdientes Geld zu betrachten. Ähnlich ist es zu bewerten, wenn bäuerliche oder Handwerks-Betriebe weitergeführt werden.
Ist Reichtum erlaubt?
Grundsätzlich ja. Aber!
Zunächst einmal: Redlich verdientes Geld darf beliebig viel angehäuft werden. Wer großen Nutzen für die Gemeinschaft bringt, darf sich auch ohne schlechtes Gewissen den Anspruch auf einen größerern Teil der erwirtschafteten Waren und Dienstleistungen sichern.
Dabei sind jedoch auch die drei Gebote zu beachten.
Ein größeres Vermögen führt auch zu einer größeren sozialen Verantwortung. Mit den Möglichkeiten, etwas gegen die Armut auf dieser Welt zu unternehmen, steigt auch die Verpflichtung, das zu tun.
Ein größeres Vermögen führt auch nicht zu einem Anspruch, mehr an nicht erneuerbaren Ressourcen zu verbrauchen. So soll zum Beispiel der Reiche nicht ein besonders großes und damit spritschluckendes Auto fahren, sondern ein besonders sparsames.
Mit einem hohen Einkommen oder einem großen Vermögen steigt leider auch die Versuchung, sich über andere Menschen zu erheben. Widerstehe dieser Versuchung, protze nicht mit Deinem Geld, trete in Bescheidenheit und Demut auf.
Der Vollständigkeit halber: Reichtum aus nicht redlich verdientem Geld ist nicht erlaubt.
Was tun mit nicht redlich verdientem Geld?
Mit nicht redlich verdientem Geld können keine Waren und Dienstleistungen bezogen werden, das wäre vielleicht legal, nicht aber legitim. Was kann also mit diesem Geld geschehen?
Zunächst einmal: Wenn es beim nicht redlichem Erwerb einen konkret Geschädigte gegeben hat, dann ist zunächst einmal zu versuchen, diesen das Geld zurück zu geben.
Ist dies nicht oder nicht mehr möglich, dann soll das Geld für einen guten Zweck gespendet werden.
Ist Habgier erlaubt?
Habgier definieren wir als alle Versuche, Geld unredlich zu erwerben. Dabei kommt es nicht auf die Menge an, das Kriterium ist die Redlichkeit: Wer mit seinem Tun einen großen Nutzen für die Gemeinschaft bringt, darf dadurch auch große Reichtümer anhäufen.
Mit nicht redlich verdientem Geld darf man noch nicht mal ein bescheidenes Auskommen anstreben.
(Und um die Eingangsfrage zu beantworten: Selbstverständlich nicht.)