Gebote
Die unheilige Kirche skeptischer Menschen kennt nur drei Gebote
Wir trauen unseren Mitgliedern zu, aus diesen drei Geboten, bei der gebotenen Prüfung des Gewissens, zu erkennen, was sie tun und was sie lassen sollen.
Das Grund-Gebot
Das Grund-Gebot ist eigentlich eine leichter verständliche Formulierung des kategorischen Imperativs.
Viele Gebote anderer Religionen lassen sich problemlos unter dieses Grund-Gebot subsummieren. Als Beispiel sei das Tötungsverbot aus dem alten Testament genannt. Einen anderen Menschen zu töten führt im Regelfall nicht dazu, dass möglichst viel Menschen möglichst gut leben. Da wäre nicht nur die Situation des betreffenden Menschen zu berücksichtigen, sondern auch die Situation seiner Angehörigen.
Aus dem Grund-Gebot folgt jedoch kein stures Tötungs-Verbot. Ein Arzt zum Beispiel könnte nach gründlicher Prüfung seines Gewissens durchaus zu den Schluss kommen, dass er einem Patienten weiteres Leiden ersparen möchte. Er wird dabei sicher auch den erkennbaren oder mutmaßlichen Willen des Patienten sowie die Gesetzeslage berücksichtigen. Zuvor wird er selbstverständlich alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, das Leiden dieses Patienten zu lindern.
Aus dem Grund-Gebot folgt jedoch auch zum Beispiel das Gebot, seine Mitmenschen freundlichen zu behandeln, den Schwachen zu helfen oder den Armen zu geben.
Das Nachhaltigkeits-Gebot
Wir können auf dieser Erde nur gut leben, weil die vor uns lebenden Generationen noch "etwas überig gelassen" haben. Es wäre gegenüber den nachfolgenden Generationen unfair, wenn wir das anders handhaben würden.
Wir haben eine Vergiftung unserer Umwelt bestmöglichst zu vermeiden und sollen nicht mehr Ressourcen verwenden, als nötig. Dass täglich tausende Tier- und Pflanzenarten aussterben darf sich nicht endlos so fortsetzen.
Gerade in den Ländern der sogenannten westlichen Welt liegt der Energie- und Ressourcen-Verbrauch deutlich über dem globalen Durchschnitt. Alle Menschen in diesen Ländern sind aufgefordert, dass bald und gründlich zu ändern.
Das Erhebungs-Verbot
Der Erhebungs-Verbot verbietet zunächst einmal, über andere Menschen herrschen zu wollen. Dort, wo Mitglieder der unheiligen Kirche skeptischer Menschen in politische Verantwortung gewählt werden, verstehen sie sich als Diener der Gemeinschaft und üben ihr Amt in Demut aus. Sie versuchen, Gerechtigkeit gegen jeden und Barmherzigkeit gegenüber den Schwachen walten zu lassen.
Entsprechendes gilt,wenn ihnen Verantwortung nicht durch Wahl, sondern zur Beauftragung oder Beruf übertragen wird, zum Beispiel bei Richtern oder Polizisten.
Das Erhebungs-Verbot geht darüber jedoch deutlich hinaus. Sich über andere Menschen zu erheben kann man auch dadurch, dass man sie abschätzig behandelt oder dass man einen unangemessen großen Anteil vom zur Verfügung Stehenden nimmt. Man kann sich auch über andere erheben, indem man protzt - verbal oder auch nicht-verbal, zum Beispiel durch ein großes Auto oder eine teure Uhr.
Das Erhebungs-Verbot verbietet auch den Stolz, sowohl den gruppenbezogenen als auch den individuellen Stolz, weil Stolz auch immer eine abwertende Komponente hat. Ein Mitglied der unheiligen Kirche skeptischer Menschen ist selbstverständlich nicht stolz darauf, dieser Gemeinschaft anzugehören, es ist nicht stolz darauf, die Staatsangehörigkeit einer bestimmten Nation, eine bestimmte Hautfarbe, eine bestimmte sexuelle Orientierung oder was auch immer zu haben. Es ist nicht stolz darauf, was es beruflich leistet, sondern es empfindet es als Selbstverständlichkeit, mit seinen Talenten bestmöglichst die Menschheit voran zu bringen.
Das Mitglied der unheiligen Kirche skeptischer Menschen ist noch nicht mal darauf stolz, was die eigenen Kinder oder Enkel leisten. Freude darüber ist jedoch gestattet, da Freude keine abwertende Komponente hat, Stolz jedoch schon.
Praktische Konkordanz
Unsere drei Gebote stehen manchmal in einem Spannungsverhältnis, selten auch mal in direkter Konkurrenz.
Eine solche Konstellation ist nicht ungewöhnlich, die Verfassungsrechtsprechung kennt das Problem als Konkurrenzverhältnis zwischen Grundrechten und hat dafür das Konzept der praktischen Konkordanz gefunden. Wir haben das Konzept also nicht erfunden, aber für gut befunden.
Praktische Konkordanz meint hier, dass dass im Falle eine Spannungsverhältnisses oder gar einer direkten Konkurrenz zwischen den Geboten eine Lösung gefunden werden soll, mit der diese Gebote möglichst weitgehend zur Anwendung gebracht werden. Eine Rangfolge der Gebote gibt es nicht.